Wenn Schwäche zur Gefahr wird

Die Mindener CDU, ihre Personalentscheidungen und das Erstarken der AfD

Ein Kommentar von Hans-Jürgen Amtage

Es ist eine Entscheidung, die mehr über den Zustand der Mindener CDU verrät, als der Partei lieb sein kann: Die Wahl von Konrad Winckler zum neuen Fraktionsvorsitzenden – und das demonstrative Ausbooten von Kathrin Kosiek. Was nach einem internen Personalvorgang aussieht, ist in Wahrheit ein Symptom tieferer struktureller Probleme: einer Partei, die inhaltlich wie personell ermüdet wirkt, orientierungslos agiert und im Rat zunehmend nur noch verwaltet, statt zu gestalten.

Dass Kosiek in dieser Runde chancenlos blieb, sagt weniger über ihre Kompetenz aus, als über die Kräfteverhältnisse innerhalb der Union. Wer moderne kommunalpolitische Positionen besetzt, wer Konflikte nicht scheut und Verantwortung sichtbar übernimmt, gilt in dieser CDU offenbar eher als Unruhefaktor denn als Zukunftsfigur. Das Ergebnis: Stillstand, Absicherung, Rückzug – und die trügerische Hoffnung, dass Ruhe schon Stabilität bedeutet.

CDU ist ein Risiko für die demokratische Kultur

Doch diese Ruhe ist brandgefährlich. Eine schwache CDU ist längst kein internes Problem mehr. Sie ist ein Risiko für die demokratische Kultur dieser Stadt. Denn wo die politische Mitte erodiert, wo Führung fehlt, wächst der Raum für politische Kräfte, die demokratische Institutionen missachten und Spaltung betreiben: die AfD.

Auffällig ist dabei die strategische Selbstverwandlung der AfD in Minden. Frank Dunklau, bislang eher durch provokante und teils entgleisende Wortmeldungen bekannt, gibt sich neuerdings betont sanft, sachlich, verständnisvoll – ein Schmusekurs, der Bürgerlichkeit simulieren soll. Doch die Maske bleibt dünn.
Ein Dunklau auf leisen Sohlen ist immer noch ein blau-brauner Wolf im Schafspelz.

Und Dunklau ist in Minden keineswegs allein. Noch gefährlicher für die politische Kultur ist das Wirken von Thomas Röckemann, ebenfalls AfD-Ratsmitglied – und bundesweit bekannt als enger politischer Vertrauter von Björn Höcke. Röckemann war Landesvorsitzender der NRW-AfD, trat wiederholt mit extremen Positionen hervor und gilt als einer der Knotenpunkte der radikal-nationalistischen Strömung innerhalb der Partei. Dass ein solcher Höcke-Vertrauter nun im Mindener Rat sitzt, ist ein Warnsignal erster Güte.

Die AfD im Rat ist nicht nur eine Protestpartei

Denn wo Dunklau versucht, sich taktisch zu mäßigen, steht Röckemann offen für eine Linie, die der Verfassungsschutz bei Höcke als gesichert rechtsextrem einstuft. Mit ihm im Rat ist klar: Die AfD in Minden ist nicht bloß eine Protestpartei – sie ist ein Teil der radikalen, ideologisch geschlossenen Höcke-Schule, die Demokratie aushöhlt und spalten will.

Gerade deshalb darf sich die demokratische Mitte keine Schwäche leisten. Wer die politische Bühne räumt oder in internen Machtspielen versinkt, überlässt das Feld jenen, die es zerstören wollen. Wenn die Mindener CDU ihre Konflikte nicht klärt, wenn sie mutige Stimmen marginalisiert und Führung mit bloßer Selbstverwaltung verwechselt, trägt sie ungewollt zur Stärkung der AfD bei. Und das ist nicht nur ein Problem der Union – es betrifft die Zukunft dieser Stadt.

Demokratie lebt von Klarheit, Haltung und handlungsfähigen Parteien. Der Rat der Stadt Minden braucht eine Union, die wieder gestaltet statt zaudert. Denn zu viel steht gerade jetzt auf dem Spiel.

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Der Autor: Der Mindener Journalist Hans-Jürgen Amtage (Jahrgang 1958) ist stellvertretender Chefredakteur im Ruhestand. Viele Jahre leitete er die Lokalredaktionen des Mindener Tageblattes und des Vlothoer Anzeigers. Davor war er unter anderem Leiter und Moderator des RTL-Landesstudios in Hannover sowie Landtagskorrespondent im niedersächsischen Landtag. Außerdem wirkte er als freier Journalist für den Radiosender Antenne Niedersachsen. Heute ist der Ruheständler noch als Kommunikationsberater und Moderator tätig und engagiert sich stark ehrenamtlich.

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